Dienstag, 18. September 2012

Teuer: Sonderwünsche und versteckte Kosten

Vom Neuwagenkauf oder dem Buchen einer Pauschalreise kennt man das schon: Will man etwas anderes, als nur die 08/15-Standardversion, werden jede Menge Aufpreise aufgerufen. Wer ein Haus schlüsselfertig vom Bauträger kauft, kann nur bedingt bestimmen, welche Materialien verbaut werden, welche Qualität oder Marke ein Toilettenbecken, der Bodenbelag oder ein Fenster hat... Doch auch hier ist gegen entsprechende Aufpreise so ziemlich alles zu haben. Und die Aufpreise sind, wie wenig überraschend, happig bis erschreckend. Aber der Reihe nach...

Die Sonderwunschliste, die INTERHOMES von sich aus anbietet, ist noch überschaubar: Eine Tür vom Flur zur Küche, Waschbecken im Keller, Grundrissänderung im 1. Stock, damit man ein außen liegendes Bad mit Fenster hat, zwei Zimmer im 2. Stock, statt eines großen Raumes, Terrasse zum Garten, Trennwand an der Terrasse zum Nachbarn gemauert, elektrische Rollläden, abschließbare Fenster im EG... Alles irgendwie langweilig, höchstens irgendwie praktisch. Einzig, die Fußbodenheizung im EG und die im Bad abgehängte Decke inklusive Halogenspots erscheinen mir attraktiv. Aber das ist natürlich Geschmacksache.

Im Kaufpreis enthalten sind bereits Parkett im EG, Malerarbeiten in drei Etagen, Auslegware im 1. und 2. Stock. Fliesen für Bad und Küche kann man für ein bestimmtes Budget bei drei Fachhändlern in der Region aussuchen. Wer teurere Fliesen haben möchte, zahlt den Mehrpreis natürlich aus eigener Tasche.

Wo liegt der Hase nun im Pfeffer?

Wer den Preis für Fliesen zwischen Baumarkt und Fachhandel vergleicht, der wird schnell blass. Dass es Fliesen für über 200 EUR pro Quadratmeter gibt, konnte ich mir vorher nicht vorstellen. Das von INTERHOMES bereitgestellte Budget war immerhin so bemessen, dass wir je Fachhändler 1-2 Produktlinien fanden, die ohne Aufpreis zu haben waren und die nach was aussahen. Von anderen INTERHOMES Baufeldern hörten wir, dass nur gut die Hälfte unseres Budget kalkuliert wurde. Das lässt dann keinerlei echte Auswahl mehr zu. Unverständlich, denn die daraus resultierenden versteckten Mehrkosten ärgern jeden Kunden.

Ein anderes Beispiel. Wer ein Waschbecken im Keller haben möchte, muss mehr als eine Hand voll Hunderter extra hinlegen. Öhm, Moment, Frisch- und Schmutzwasser liegen sowieso im Keller an, da dort - ohne Aufpreis - der Anschluss für die Waschmaschine hinkommt. Eine Flexleitung, ein Siphon, ein Becken, etwas Arbeit = 600 EUR??? Unglaublich! Das Zinkblechbecken kostet im Baumarkt 27 EUR plus 30 Minuten Montage.

Auch seltsam: In Bad und Gäste-WC baut ein Tischler Waschtische mit Unterschrank ein, um die Waschbecken darin zu platzieren. Soweit, so gut. Wie für alles andere auch, wird der Käufer zum Bemusterungstermin beim Fachmann gebeten. Machen wir es kurz: Jede dieser Waschtischplatten ist eine handelsübliche  Küchenarbeitsplatte wie sie bei OBI in 4 m Ausführungen steht und genauso ist auch das Dekor. Die Auswahl ohne Aufpreis ist begrenzt und so unansehnlich hässlich, billig wirkend, dass mir der Hals schwillt... Oh, ah, es gibt noch eine zweite Farbmusterpalette zur Auswahl. Ok, die sehen besser aus, auch wenn ich mich frage, wie ein Fachmann, vor dem wir hier sitzen, guten Gewissens, Holz bzw. beschichtete Spanplatte im Nassbereich verbauen kann. Das quillt doch so oder so irgendwann auf oder irre ich mich da? Clevere Nachfrage meiner Frau: "Die zweiten Muster kosten also einen Aufpreis. Worin besteht denn der Qualitätsunterschied?" Antwort: "Da ist keiner. Ist nur ein anderes Muster." Dong! Und der Mehrpreis pro Platte ist mit 120 Euro so hoch, dass ich dafür im Holzfachhandel vier (!!!) solcher Platten a 120 cm Länge bekäme, um sie selbst einzubauen. Umgerechnet bedeutet das, dass wir durch die Hintertür die Badmöbel zusätzlich aus eigener Tasche zahlen oder auf die unerträglichen Muster zurückgreifen müssen. Seither bekomme ich Herzrasen, wenn ich an die Bäder denke...



Nächste Überraschung - die Kombination aus Parkett und Fußbodenheizung. Im Kaufpreis, wie erwähnt, enthalten, ist das Parkett, 3-Stab, Schiffsboden, 3,5 mm Nutzschicht (also nicht das Allerbilligste, schon mal gut). Wahlweise Ahorn, Buche oder Eiche. Dazu möchten wir die Fußbodenheizung haben, klar, mit kleinen Kindern im EG, das ist bestimmt wohlig warm und kein Heizkörper verstellt den Raum. Der Fußbodenleger, den INTERHOMES beauftragt hat, erklärt uns dann, dass wir einen Mehrpreis zu tragen hätten, weil man Parkett auf Fußbodenheizung nicht schwimmend verlegt, sondern klebt. Aha, grummel... Wieviel denn mehr? Ungefähr 6 EUR pro Quadratmeter. Na gut, geht ja noch. Aber Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Davon angestachelt, wühle ich mich durch's Internet und lese alles über korrektes Parkettverlegen, über Qualitätsunterschiede und Quadratmeterpreise. Erste Erkenntnis: Nicht jede Holzart ist für eine Fußbodenheizung geeignet, unter anderem Ahorn und Buche nicht. Siehe oben, was INTERHOMES im Angebot hat... Zweite Erkenntnis: Parkett schwimmend auf eine Fußbodenheizug zu legen, ist physikalischer Unsinn, den kein guter Handwerker machen wird. Frage mich also, wieso ich hier für das Kleben extra zahlen soll, wenn es doch eh den guten Gepflogenheiten des Handwerks entspricht? Ich wäre ein viel zufriedenerer Käufer, wenn die Mehrkosten einfach direkt im Preis für die Fußbodenheizung enthalten wären. Hätte ich ja nicht gemerkt und sind nur ein paar Euro.
Aber so schmeckt das Ganze doch etwas schal.

Noch ein Punkt: Was, wenn wir lieber Laminat oder Parkett statt Auslegware im 1. und 2. Stock haben möchten? Wieviel bekommen wir für den im Kaufpreis enthaltenen Teppich verrechnet? "Viel ist das nicht", sagt der INTERHOMES Verkauf. "Muss ich mal nachrechnen", sagt der Bodenleger. Öhm, ja, was ist es denn nun konkret? "Na, so 11 bis 15 Euro", sagt der INTERHOMES Verkauf. "Na, so 25 Euro ist der Vorwerk hier wert", sagt der Bodenleger. Großartig, denke ich mir, es geht um Bodenbeläge, aber die mauern, was das Zeug hält... Schlussendlich zahlen wir nach einigem Hinundher für ein gutes Laminat nur den Mehrpreis des aufwändigeren Verlegens. Fairer Deal, der Dank geht an den Bodenleger.

Rollläden sind auch so eine Sache. Wir wollen welche haben, als Sicht- und Sonnenschutz und natürlich als Einbruchhemmer. Man kann aus der INTERHOMES Sonderwunschliste elektrische Rollläden bestellen, wahlweise für EG und OG, die sind dann direkt bei Übernahme des Hauses schon montiert. Praktisch. Der Preis für beide Etagen beläuft sich auf 4.500 Euro. Ganz schön viel. Also habe ich mich auch dafür durch's Netz geklickt und nachgelesen, woran die Qualität von Rollläden definiert wird. Klar, Alumaterialien sind stabiler als Kunststoffe. Aber auch schwerer, was leistungsfähigere, sprich teurere Rollmotoren erfordert. In Sachen Einbruchschutz gibt es zig Varianten, angefangen mit einem Hochschiebeschutz über diverse Widerstandsklassen. Ok, nur zum Spaß habe ich die Rollläden im Musterhaus getetest... Kunststoff im OG. Und mit einer Hand konnte ich sie problemlos in ihren Kasten hochschieben. Qualität sieht für mich als Laien anders aus, also hole ich Angebote von einer Reihe Fachgeschäften in Berlin ein, beauftrage den Elektriker die Kabel zu legen und lasse die Rollläden aus Aluminium nachrüsten, die keiner so einfach hochschiebt. Wen es interessiert, die sind keinen Cent teurer als das, was auf der Sonderwunschliste steht, aber eben handfest und nicht so ein Kinderspielzeug.

Ach ja, der Elektriker, mein Freund, der Strippenzieher. Wen überrascht's noch, auch hier liegt das Geld im Detail... Im Angebot des guten Mannes findet sich eine Position "Absicherung". Nachgefragt, was das sei: "INTERHOMES hat als Standard einen Sicherungskreis pro Etage angesetzt. Wenn Ihnen in der Küche die Sicherung rausfliegt, ist das Wohnzimmer auch dunkel." Ähm... WHAT? Nächste versteckte Kosten also dafür, dass wir pro Etage zwei Sicherungskreise bekommen. Ich glaub, es schneit.
Oh ja, nicht zu vergessen, über 400 Euro zusätzlich ruft der Elektriker für unsere Fußbodenheizung auf. Ähm, wie bitte? Wofür das denn? "Jaaaa, Sie haben dann eine Programmierung pro Raum und außerdem passt das Design dann zu den Lichtschaltern, weil beides von Busch Jäger ist." Oh, verstehe. Ich soll also extra dafür bezahlen, dass ich im Gäste-WC eine Programmierung für die 1,5 qm Boden habe? Ach so. Macht Sinn. Braucht man. Argh!
Bitte nicht falsch verstehen, liebe Leser, eine zentrale Programmiereinheit für das gesamte EG ist im Preis der Fußbodenheizung natürlich enthalten, inklusive Thermostatregler in jedem Raum.

Summa summarum: Ja klar, wer "nur" die Standards des Bauträgers nimmt, hat auf jeden Fall ein hübsches Häuschen, doch sobald man auch nur einen Extrawunsch hat, geht der richtig ans Geld. Wirklich ärgerlich allerdings sind versteckte Kosten wie die Sicherungskreise, das Verkleben vom Parkett oder die Materialien für die Badmöbel! Das sollte sich die INTERHOMES nochmal genauer überlegen.

"Mehrkosten" hat starke Chancen auf mein persönliches Unwort des Jahres 2012.

Ich rate dringend dazu jede Position in jedem Angebot zu hinterfragen und Leistungsmerkmale exakt und schriftlich zu fixieren. Das fängt schon in der Baubeschreibung des Bauträgers an, denn nur, was dort steht, ist auch verbindlich...

Für weitere sinnvolle fachliche Tipps empfehle ich übrigens Eigenheim Insider.

1 Kommentar:

  1. Das alte Lied der Mehrkosten und der Bemusterung - wenn man die Zeit hat, sollte man eine Firma auswählen, bei der zum einen eine vernünftige Auswahl bereits im Preis inbegriffen ist und zum zweiten die Bemusterung an einem Ort stattfindet. Ja, solche Firmen gibt es und ja, die sind auch etwas teurer. Aber man spart sich hintenraus die Nerven (und das Geld).

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